actualité
 
Was möchten Sie rückblickend in Bezug auf die Tragödie des haitianischen Volkes sagen? Es war die Rede von einem Fluch.  
   
seïsem en haïti Von einem Fluch darf nicht gesprochen werden. Das haitianische Volk muss nicht für irgendetwas bezahlen. Das Erdbeben hätte sich auch anderswo in der Welt ereignen können. Das haitianische Volk wird sich wieder erheben, wird leben.
 
   
Vom ersten Tag an, bevor die internationale Hilfe vor Ort war, hat die Bevölkerung als Erste gehandelt. Sie war gleich an Ort und Stelle. Dank der armen Bevölkerung, die sich sofort solidarisch gezeigt hat, ist das Leben nach Port-au-Prince zurückgekehrt. Diejenigen, die genug zum Leben hatten, sind hingegen zu Hause geblieben.  
   
Aus dem grossen Gefängnis von Port-au-Prince, dessen Türen durch das Beben geöffnet wurden, sind die Gefangenen zu Tausenden in die Freiheit geflohen. Ich habe mich gefreut.  
   
survivre Hoffen wir, dass in Zukunft in Haiti nur erdbebensichere Gebäude erstellt werden, wie in Japan, und dass es durch die Schaffung eines seismologischen Observatoriums möglich sein wird, die ersten Anzeichen eines Erdbebens zu registrieren.
 
   
In Paris haben die haitianischen Sans-Papiers-Arbeiter dem Immigrationsminister geschrieben, es sollten nun alle Haitianer gültige Aufenthaltspapiere bekommen. Das würde Frankreich wirklich zur Ehre gereichen.  
   
Papst Benedikt XVI. hat sich in die grosse Synagoge von Rom begeben. Ein Besuch, der manch einen ärgert, und zwar wegen der möglichen Seligsprechung von Pius XII. Wie denken Sie über den jüdisch-christlichen Dialog?  
   
Nach dem historischen Besuch des Papstes Johannes Paul II. in der Synagoge von Rom tritt Benedikt XVI. in seine Fussstapfen. Aber die Seligsprechung von Pius XII. ist ein Misston. Einige Rabbiner boykottieren den päpstlichen Besuch.  
   
Pius XII. war sicher gut informiert über die ungeheure Tragödie, der die Juden ausgeliefert waren. Aber er schwieg. Als guter Diplomat hat er nicht im Zorn aufgeschrien, hat nicht zum Widerstand und zur Revolte des Gewissens aufgerufen. Der Aufschrei des Papstes hätte vielen Leuten, Katholiken und Nichtkatholiken, die Augen geöffnet, und vor allem hätten Zehntausende von Juden gerettet werden können.
Pape Pie XII
 
   
Ich verstehe nicht recht, wieso Päpste der Neuzeit selig gesprochen werden sollen? Um die Macht der römischen Institution zu stärken? Um dem Papsttum einen sakraleren Charakter zu verleihen? Das ist kein gutes Zeichen.  
   
Trotz diesen Misstönen wird der jüdisch-christliche Dialog fortgesetzt werden. Er wird erfolgreich an der Basis geführt, er ist notwendig geworden.  
   
Es vergeht keine Woche, in der nicht von den verfolgten Christen gesprochen wird. Wir erinnern uns an das blutige Weihnachtsfest der Kopten in Ägypten. Wie reagieren Sie?  
   
Die Liste der Länder, in denen die Christen verfolgt werden, ist lang. Es ist der Fall in Malaysia, auf den Philippinen, in Algerien, im Irak, in Indien, Vietnam… Die christliche Religion wird beinahe auf planetarischer Ebene verfolgt. Wir dürfen nicht schweigen, wenn wir die prekäre Situation der christlichen Minderheiten sehen.  
   
Eglise copte Im Nahen Osten, besonders in Palästina, sind die Christen nicht zahlreich, sie fühlen sich isoliert und verlassen. Es ist unsere Pflicht, uns mit ihnen solidarisch zu zeigen. Die Selbstverständlichkeit, mit der sich die Christen in unseren Ländern versammeln können, sollte uns nicht vergessen lassen, dass es andere gibt, die diese Freiheit nicht haben. Ich würde es auch gerne sehen, dass muslimische Verantwortungsträger die ungerecht verfolgten Christen in Schutz nehmen.