Im Mai 1982 wird er zum Bischof von Evreux ernannt.
Als Mann der Tat, der aktiv ins Zeitgeschehen eingreift, hat Jacques Gailllot oft zu aktuellen Ereignissen Stellung bezogen. Im Jahre 1983 unterstützt er vor dem Gericht von Evreux einen jungen Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen. Im Oktober 1983, an der Jahresversammlung der Bischöfe, ist er einer der beiden Bischöfe, die gegen den Text des Episkopats zur nuklearen Abschreckung stimmen. 1985 spricht er sich für die Unterstützung der palästinensischen Revolte in den besetzten Gebieten aus und kommt in Tunis mit Yassir Arafat zusammen. Von der UNO wird er zu einer außerordentlichen Sitzung eingeladen, an der über die Abrüstung debattiert wird. Im Juli 1987 reist er nach Südafrika, um dort einen jungen Antiapartheidsaktivisten aus Evreux zu treffen, der vom Regime in Pretoria zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Wegen dieser Reise muss er darauf verzichten, auf der diözesanen Pilgerreise nach Lourdes als Begleiter mitzuwirken, was Kritik zur Folge hat.
Im November 1988 tritt er anlässlich der in Lourdes hinter verschlossenen Türen tagenden Vollversammlung für die Priesterweihe verheirateter Männer ein.
Im Oktober 1989 nimmt er an einer Reise nach Französisch-Polynesien teil, die von der Friedensbewegung organisiert worden ist, um den Stopp der Atomwaffenversuche zu fordern.
Am 12. Dezember 1989 beteiligt er sich als einziger französischer Bischof an der Überführung der Asche des Abbé Grégoire in den Panthéon.
1991 manifestiert er im Buch Lettre ouverte à ceux qui prêchent la guerre et la font faire aux autres («Offener Brief an die, die den Krieg predigen, diesen aber andere führen lassen») seine Ablehnung des Golfkriegs gegen den Irak.
Jacques Gaillot führte eine Synode durch, die drei Jahre dauerte. Er schrieb etwa ein Dutzend Bücher, von denen vor allem Coup de gueule contre l'exclusion («Protestschrei gegen den Ausschluss») für Aufsehen sorgte. Es ist eine scharfe Kritik an den Einwanderungsgesetzen des damaligen Innenministers. Dieses Buch lieferte später Rom den Vorwand für seine Absetzung.
Jacques Gaillot ist überzeugt; dass die Kommunikation in der modernen Welt nirgends so effizient erfolgen kann wie durch die Medien, welcher Art sie auch sein mögen. Er steht offen zu seiner Überzeugung, scheut sich nicht vor dem Wörtchen «Ich» und legt seine Gedanken in einfacher und klarer Form dar.
Seine Treue zum Evangelium kommt vor allem in seiner Sorge um die Armen und die Menschen am Rande der Gesellschaft zum Ausdruck, auch in seiner Kompromisslosigkeit und dem Willen, der Gerechtigkeit und dem Frieden zum Durchbruch zu verhelfen. Die Überzeugung, dass Jesus der Menschheit gehört und nicht allein der Christenheit, dass die verlorenen Schafe es wert sind, dass man, um sie zu suchen, die anderen zurücklässt.
1995 wird Jacques Gaillot nach Rom beordert. Es ist, als würde eine Guillotine herunterstürzen: «Morgen Freitag, 13. Januar um zwölf Uhr mittags, sind Sie nicht mehr Bischof von Evreux.» Jacques Gaillot wird Titularbischof von Partenia, ein ehemaliges Bistum in der Hochebene von Sétif in Algerien, etwa dort, wo er als junger Mann seinen Militärdienst leistete. Dieses Bistum, das im 5. Jahrhundert verschwunden ist, wird zum Symbol für all jene, die in der Gesellschaft und in der Kirche das Gefühl haben, nicht zu existieren.
Roms Beschluss wird als Ungerechtigkeit empfunden; er stößt in Frankreich, aber auch im Ausland auf großes Unverständnis und schlägt bei Christen und Nichtchristen tiefe Wunden.
Nach dem Auszug aus dem bischöflichen Palais in Evreux wohnt Jacques Gaillot ein Jahr lang mitten unter den Familien der Sans-papiers im berühmten besetzten Haus an der Rue du Dragon in Paris. Er macht bei den Organisationen mit, die für die Rechte der Papierlosen und der Menschen ohne anständige Wohnung einstehen, und wird zum Bischof für die Armen. Oft wird er auch ins Ausland gerufen, zum Beispiel um politische Gefangene zu verteidigen oder um gegen Verletzungen der Menschenrechte zu protestieren.
1995 erscheint sein Buch Je prends la liberté (dt. Übersetzung: «Sonnenaufgang in der Wüste - Ich wähle die Freiheit», 1997, ISBN 3-905585-00-6, Edition K. Haller).
1996 entsteht die Partenia-Homepage. Diese wird schon sehr bald von Zürich aus gestaltet; sie wird weiter entwickelt und existiert nunmehr in 7 Sprachen. Die Homepage enthält ein Gesprächsforum, «Unterwegs» sind Berichte von Begegnungen und Stellungnahmen zum aktuellen Geschehen. «Die aufgeschlagene Bibel» ist ein lebendiger Ausdruck des Glaubens.
Jacques Gaillot wohnt heute in der Spiritaner-Gemeinschaft in Paris, die ihn wie einen Bruder aufgenommen haben.
Anlässlich des Jubeljahres im Mai 2000 lädt ihn der Präsident der französischen Bischofskonferenz nach Lyon zu einer ökumenischen Begegnung mit den Bischöfen ein. Er richtet einen Brief an ihn, der dann auch veröffentlicht wird: «Es ist wichtig, dass die Katholiken und auch die Öffentlichkeit im Allgemeinen wissen, dass uns sehr wohl ein brüderliches Band vereint, wenn diese Verbundenheit auch auf besondere Art gelebt wird.»
Er beendet seinen Brief mit den Worten: «Du bleibst unser Bruder im Bischofsamt.»
Diese «Wetterbesserung» bleibt allerdings ohne konkrete Folgen. Der Bischof von Partenia wird nicht zu den französischen Bischofskonferenzen eingeladen, ist nicht in offizielle kirchliche Aufgaben eingebunden.
2003 erscheint Un catéchisme au goût de liberté (dt. Übersetzung: «Ein Katechismus, der Freiheit atmet», 2004, ISBN 3-905585-04-9, Edition K. Haller), ein Gemeinschaftswerk von Jacques Gaillot, Alice Gombault und Pierre de Locht. |